Digitale Birken - projiziert auf Spanplatten
Vernissage von Fotogranen des Berliners Martin Binder in der Galerie der 100 Brücken der Künstlerstadt Kalbe
Den Unterschied zwischen Wirklichem und Dargestelltem sollen die Bilder verdeutlichen oder hinterfragen, die seit Dienstagabend in der Galerie der 100 Brücken in Kalbe ausgestellt sind. Fotos von Bäumen hat Kunststudent Martin Binder auf Holz gedruckt.
Von Anke Kohl
Kalbe • Das Basecap ist aus Kork, die Postkarten mit dem künstlerischen Motiv sind mit hauchdünnem Furnier belegt und selbst seine Visitenkarten sind aus dem Werkstoff Holz. Martin Binder ist nicht nur augenscheinlich von Bäumen inspiriert und fasziniert. Was er aus dieser Faszination macht, ist seit Dienstag in der Galerie der 100 Brücken in der Künstlerstadt Kalbe zu sehen.
Seit etwa zwei Jahren fotografiert der Berliner Kunststudent Bäume und lässt die Bilder auf ihren Ursprungswerkstoff drucken. Es sind Birken, einzeln, als Gruppe oder als Wald, die auf Birkenspanplatten projiziert werden. Dass sich das Motiv durch diese Übersetzung der digitalen Pixel auf die ebenso universelle wie jedesmal einzigartige Oberfläche verändert und wie es sich in kleinsten Details verändert, ist das, was Martin Binder darstellen will.
„Täuschend falsch" lautet der Titel der Ausstellung, die im Übrigen für die kommenden vier Wochen in der Galerie an der Gerichtsstraße 12 zu sehen sein wird. Dass das Wort »falsch" dabei genau spiegelverkehrt gedruckt ist, ist natürlich Absicht. Denn was nun echt ist oder nicht - das digitale Abbild des Baumes im Foto oder doch das wiedergegebene Bild auf der Spanplatte, die einst ,ein Baum war - das ist die Frage, die Martin Binder sich selbst stellt und vor die er den Betrachterstellen möchte. „Denn die Arbeiten dieser Ausstellung bringen das Abbild des Baumes mit dem Material zusammen, aus dem er besteht. Das Trägermaterial ist durch industrielle Verarbeitung zu rechteckigen Platten geworden. Der Baum wiederum ist durch Fotografie in eine digitale Sprache übersetzt worden", erklärt Martin Binder in seiner Werkseinführung.
Wie interessant der Druck einer Fotografie auf Holz wirken kann, ist besonders an einem der größeren Bilder zu erkennen. Durch die Maserung der Spanplatte scheint es, als ob hinter den Birkenstämmen die Wellen auf der Oberfläche eines Teiches zu erkennen sind. „Es könnte aber auch sein, dass es eine Spiegelung ist und ich die Bäume auf der Wasseroberfläche leicht schimmernd erkenne", stehen am Dienstagabend zwei der Besucher im Widerstreit über ihre Sicht auf das etwa zwei mal zwei Meter große Bild.
Mehr dieser faszinierenden Arbeiten, in ganz unterschiedlichen Formaten, von miniatur bis überdimensional, sind bis Mitte November in der Galerie zu sehen. Geöffnet wird dafür
jeweils von Montag bis Freitag, in der Zeit von 14.30 Uhr bis 17 Uhr. „Besucher können dazu die Rufnummer 039080/3700 wählen oder bei Annegret Nowack an der Gerichtsstraße 3 klingeln“, lädt Künstlerstadtinitiatorin Corinna Köbele ein. “Und es kann durchaus Sturm geklingelt werden, wenn nicht sofort geöffnet wir“, fügt sie schmunzelnd hinzu.
Vor allem die Technik, mit der die Fotografien auf die Birkenholzspanplatten gedruckt werden, interessierte die Besucher der Vernissage. Kunststudent Martin Binder (links) aus Berlin erklärte das Verfahren gern. Foto: Anke Kohl
© Voklsstimme, Gardelegener Kreisanzeiger, 15. Oktober 2015, S.18