27.10.2017
Menschliche Abgründe und unerfüllte Liebe
Teilnehmer der zweiten Jugendliteraturlesung in Kalbe erstaunten mit den Themen ihrer selbstverfassten Texte
Celina Krümmel (von links), Floria Janica Lepel und Franziska Berner vom Literaturzirkel des Stendaler Winckelmanngymnasiums tragen in Kalbe gemeinsam Auszüge aus einem Theaterstück vor, lesen aber auch einzeln ihre eigenen Texte vor.
Jungen Autoren eine Plattform zu geben, das ist die Intention des Künstlerstadt-Vereins, der am Mittwochabend zum zweiten Mal nach 2016 zu einer Jugendliteraturlesung einlud. Sie war gleichzeitig so etwas wie eine Abschiedsvorstellung.
Von Conny Kaiser
Kalbe • „Ich finde das hier wirklich erstaunlich. Ich habe mit etwas anderem, nämlich mit typischen Jugendthemen, gerechnet", sagt Kalbes Stadtbibliothekarin Heidrun Kühnel, die es sich am Mittwochabend in einer Ecke des Cafés „Friedenseck" gemütlich gemacht hat und aufmerksam zuhört.
In dem Cafe findet zum zweiten Mal nach 2016 eine Jugendliteraturlesung, initiiert vom Künstlerstadt-Verein, statt. Und das, was die jungen Autoren dort zu Gehör bringen, gleicht nicht selten einem Ausflug in menschliche Abgründe und die dort herrschende Finsternis. Es sind Grusel- und Krimigeschichten, aber auch Gedichte von einer unerfüllten Liebe, die da gelesen werden. Und zum Schluss gibt es sogar noch Auszüge eines Theaterstücks über Martin Luther und sein imaginäres Zusammentreffen mit Johann Joachim Winckelmann.
Letzterer ist der Namensgeber des Stendaler Gymnasiums, wo es einen Literaturzirkel unter Leitung von Lehrerin Dorlis Salomo gibt. Und sie ist mit dreien ihrer Schützlinge, nämlich Floria Janica Lepel (18), Franziska Berner (14) und Celina Krümmel (13), nach Kalbe gekommen, damit die drei jungen Autorinnen dort die Möglichkeit nutzen können, ihre selbst verfassten Texte und Gedichte zu präsentieren. Und sie erstaunen mit dem, was sie da als Teenager zu Papier gebracht haben.
Das gilt auch für Kim Sharon Werry (15) aus Kalbe. Sie ist Schülerin einer neunten Klasse der dortigen Sekundarschule, in der das Schreiben von Kriminalgeschichten im Deutschunterricht behandelt wird. Im Gegensatz zu den meisten Mitschülern hat Kim auf Nachfrage ihrer Lehrerin Cornelia Appelmann den Mut gezeigt, ihre Geschichte bei der Jugendliteraturlesung vorzutragen. Wie das Mädchen verrät, veröffentliche sie ihre Texte zuweilen aber auch im Internet - und hole sich dort zudem Inspirationen bei anderen jungen Autoren.
Abschiedsvorstellung für Maximilian Rünker
Inspiration hat sich auch die 20-jährige Thea Grothe aus Miesterhorst geholt. Und zwar im sogenannten Literaturlabor in Kalbe, wo es für sie Anregungen zur Umsetzung ihres ersten Romanprojektes gegeben hat, aus dessen Anfangssequenz sie nun während der Jugendliteraturlesung vorträgt. Die Germanistikstudentin ist schon zum zweiten Mal dabei. Denn sie hatte bereits bei der Erstauflage dieser Veranstaltung gelesen und schon 2016 Angebote des Künstlerstadt-Vereins genutzt, zu denen auch das Literaturlabor, eine Art Schreibwerkstatt, gehört.
Letzteres ist in den vergangenen Monaten von Maximilian Rünker, dem Koordinationsstipendiaten des Künstlerstadt-
Vereins und studierten Medien- und Kulturwissenschaftler, betreut worden. Für ihn ist die Jugendliteraturlesung eine Art Abschiedsvorstellung. Denn zum 31. Oktober endet sein Stipendium und somit seine Tätigkeit in Kalbe. Er geht zurück nach Düsseldorf.
Allerdings nicht, ohne vorher angekündigt zu haben, dass die Texte die in der Schreibwerkstatt entstanden sind beziehungsweise noch entstehen, zusammengefasst und dann in Heftform veröffentlicht werden sollen.
Auch Neuntklässerlin Kim Sharon Werry aus Kalbe hat den Mut, bei der Jugendliteraturlesung eine selbstverfasste Kriminalgeschichte vorzutragen. Und nicht nur ihre Lehrerin Cornelia Appelmann (hinten rechts) hört aufmerksam zu. Fotos: Conny Kaiser
© Volksstimme, Gardelegener Kreisanzeiger, 27.10.2017, S.22