13.9.2020
Stadt der Brücken und Bühnen
Das „Brucca“-Festival kam am Wochenende in Kalbe wieder sehr gut an.
Kalbe ● Zum mittlerweile dritten Mal wurden am dem 10. September Höfe, Wiesen und Denkmäler zu Bühnen umfunktioniert – etwa für Theater, Musik oder Stand-Up-Comedy. Von Freitag bis Sonntag versammelte das „Brucca“-Festival des Künstlerstadtvereins Kalbe Acts aus Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz. Manche Vorstellung wurde sogar erst einige Tage vor ihrer Premiere vor Ort entwickelt. Moritz Böhm vom Zirkus Morsa war dabei sowohl an einem der Abschlüsse am Freitag, als auch an den Eröffnungsvorstellungen am Sonnabend und Sonntag beteiligt. Das Theaterprojekt „Am Rande des Zufalls“ – auf der Wiese an der Westpromenade gleichzeitig am Rande des Festivals – gestaltete sich als Theater auf Zuruf. Wer immer gerade da war, durfte die Schauspieler mit selbst gewählten Begriffen rumkommandieren, die sie dann darstellen mussten.
Ein wenig Holz und viel Akrobatik
Am Sonnabend und Sonntag gab Moritz Böhm jeweils die erste Vorstellung mit Rosa Wilm: „La fin demain“ – grob übersetzt „Das morgige Ende“. Einzige Hilfsmittel der zwei Artisten waren ein Brett, ein Holzzylinder und ein paar Stöcker, an denen sich beide austobten und entlangbalancierten. Ihr Programm war sogar exklusiv für die Besucher in Kalbe: Wie Böhm und Wilm hinterher erklärten, war dies der einzige Auftritt ihrer Tournee, der bislang nicht abgesagt wurde.
Während der Zirkus Morsa vor allem in europäischen Ländern unterwegs ist, waren Springtime auch schon in Ländern wie Südafrika oder Australien zu Gast. Hendrik-Jan de Stuntman und Merel Kamp planten vor vier Jahren eigentlich, „eine ernste Liebesgeschichte“ zu erzählen. „Dann dachten wir über die Sprungfedern nach“, erklärten sie. Heraus kam eine romantische Komödie, die vor allem von der Gesichtsakrobatik ihrer Darsteller lebt – erzählt im Stile alter Stummfilme, nur live, in Farbe und dank der Sprungfedern zu großen Teilen in der Luft spielend. Springtime, die an den „Ratsstuben“ auftraten, übernahmen von Vorlagen auch das klassische Happy End, worauf das Schauspielduo Nimu im Stück „Just Married“ verzichtete. Basierend auf dem argenthinischen Episodenfilm „Wild Tales – Jeder dreht mal durch“ geht es darin um eine Hochzeitsfeier, die sehr schnell in eine Prügelei des Brautpaares eskaliert.
Denkmäler werden zu Theaterbühnen
Die Gruppe der Jungen Talente gehörte zu jenen, die ihre Stücke kurz vor dem Kunstfestival entwickelt hatten. Die Studenten der niederländischen Kunsthochschule „ArtEZ“ waren gleich an zwei Stationen vertreten: an der Burg und an der Kulturscheune, die auch als Kulisse für das Stück fungierte. Für beide Inszenierungen wurden kurz vor dem Festival noch Zusatzvorstellungen geplant – eine Änderung, die zumindest am Sonnabend wohl nicht viele Besucher mitbekommen hatten und daher verpassten. Auch das Chorprojekt in der evangelischen Kirche und das Theater- und Tanzprojekt waren in der Woche vor dem Festival erarbeitet worden. Für den Chor kamen Sänger aus Deutschland und den Niederlanden – Teilnehmer konnten sich im Voraus bewerben – zusammen, um Lieder aus beiden Ländern einzustudieren. Direkt vor der Kirche verbanden Kira & Anders unterdessen Musik und Athletik, während der Schweizer Komiker This Maag das Publikum auf dem Kulturhof mit einem Stand-Up-Programm unterhielt. Genau an diesem Ort gab es Sonnabendabend auch den „Brucca“-Höhepunkt: Den Auftritt der Berliner Band Di Grine Kusine, die mit ihrem Publikum einen Streifzug durch die Weltmusik, vor allem aber die Osteuropas, unternahm. Denn genau dort hat Frontfrau Alexandra Dimitroff ihre Wurzeln. Das Fest in Kalbe ist nun vorbei, aber schon am 18. September findet das Partnerfestival „Oeverloos“ im niederländischen Zutphen statt. Künstler wie Nimu, Springtime oder das Chorprojekt werden auch dort vertreten sein.
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