Presse­berichte


 

18.8.2020

Sommercampus-Stipendiaten sprechen über Kalbe, Kunst und Kritiker

 

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Sprachen mit der AZ über ihre bisherige Zeit in Kalbe, über Akzeptanz und den Anspruch an Kunst: Katharina Quast (von links), Rares Matei, Tania-Maria Sternberg, Cecilia Röski und Hannes Mischke. © Koerdt

 

 


 

Kalbe – Es sei ein wenig wie im „Schullandheim“, findet Cecilia Joyce Röski. Tania-Maria Sternberg stimmt zu: „Wie ein Ferienlager für Erwachsene.“ Nur irgendwie ohne richtige Ferien. Denn gearbeitet wird manchmal bis in die Nacht hinein.

Schließlich wollen und müssen – zum Beispiel für die Abschlussarbeit des Studiums – die Stipendiaten des Sommercampus Zeit und Raum in Kalbe nutzen, um ihre künstlerischen Projekte umzusetzen. Nachdem die ersten Stipendiaten wieder abgereist sind, haben sich neue in den Räumen des Künstlerstadtvereins eingerichtet. Manche sind zu zweit angereist und arbeiten das erste Mal gemeinsam an Projekten. Andere sind allein gekommen. Sich aber völlig einzuigeln, wie Cecilia Röski sagt, um sich ausschließlich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, geht nicht so ganz. Auch wenn jeder einen anderen Arbeitsrhythmus hat – morgens wird meist zusammen gefrühstückt, auch abends kochen abwechselnd kleine Gruppen für alle. Gemeinsame Ausflüge, Radtour, Ideen-Werkstatt, Atelierrundgänge und natürlich generell die Gesellschaft – „Das ist aber, finde ich, der größte Vorteil, dass man andere Leute kennenlernt“, sagt Hannes Mischke. Das findet auch Katharina Quast: sie lasse sich inspirieren durch die Arbeit der anderen, durch die Musik, die gute Stimmung und den Freiraum. Und eben auch durch die Umgebung. „Kalbe ist einfach richtig schön, die Stadt hat eine ganz eigene Ästhetik. Die alten Häuser sind super für unseren Film“, sagt Katharina Quast.

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Von den Arbeiten der Stipendiaten kann sich jeder bei den Atelierrundgängen selbst ein Bild machen. © Koerdt

Das Stipendium, das die Künstler meist online gefunden haben und teils von Freunden empfohlen bekamen, verläuft etwas anders als reine Arbeitsstipendien. Austausch, nicht nur miteinander, sondern auch mit den Bürgern der Stadt, spiele hier eine zentrale Rolle, auch wenn es so nicht in der Ausschreibung steht. Aber „ich finde den Austausch auch spannend, da prallen unterschiedliche Welten und Meinungen aufeinander“, sagt Tania-Maria Sternberg. Sie hatte jüngst ein Gespräch mit einem Kalbenser, bei dem es um „krasse Themen“ ging. Dass sie vielleicht nicht von allen Bürgern in Kalbe mit offenen Armen empfangen werden, ist den Stipendiaten auch schon aufgefallen. In ihrer „Dorfmentalität“, sagt Cecilia Röski, die in einem sehr kleinen Ort aufwuchs, grüße sie auf der Straße Bürger, erntet aber mitunter deutlich skeptische Blicke. Auch auf Facebook, erzählt Tania-Maria Sternberg, habe sie unter Postings des Vereins schon manch abschätzigen Kommentar gelesen. Woher der Unmut rührt, fragen sich die Stipendiaten. Vielleicht fühlen sich manche ausgeschlossen aus der Thematik Kunst, überlegt Hannes Mischke, „oder es wird als elitär wahrgenommen“, fügt Cecilia Röski ein. Die Welt in Kunsthochschulen sei durchaus eine andere. „Für mich ist das ja umgekehrt genauso, ich merke: ‘Krass, das ist hier was ganz anderes’“, sagt Tania-Maria Sternberg. „Jeder Mensch hat seinen Ausdruck und der muss respektiert werden“, findet Katharina Quast. Nicht alle können und müssen etwas mit den Projekten der Stipendiaten oder des Vereins anfangen – das gilt wohl genauso für viele andere Dinge im Leben. Aber muss das denn überhaupt der Anspruch sein, fragt Cecilia Röski. Katharina Quast erinnert sich an ihr Heimatdorf. Auch dort wurde Neues und Anderes von manchen misstrauisch gesehen. Aus ihrer Erfahrung hinaus musste nur der Kontakt hergestellt werden. Und auch in der Mildestadt hat sie es bemerkt: Wenn sie und Rares Matei etwas brauchten, „waren alle total nett und hilfsbereit“. Die anderen Stipendiaten stimmen zu. Einen Einblick in die Arbeiten der Kalbenser Stipendiaten gibt es unter anderem sonnabends ab 14 Uhr beim Atelierrundgang. „Wer will, kann gerne kommen“, sagt Hannes Mischke. VON HANNA KOERDT

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